Öffentlich bestellte Sachverständige - Wissenswertes in 10 Tipps

Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers: IfS Köln, Gereonstr. 50, 50670 Köln, Tel. (02 21) 91 27 71-10.

1. Wer ist „öffentlich bestellter“ Sachverständiger?

Nur wer durch eine öffentlich-rechtliche Institution bestellt und vereidigt wurde. Das bedeutet, dass er besondere Sachkunde, Objektivität und Vertrauenswürdigkeit nachgewiesen hat. Fehlt nur eine dieser Anforderungen, wird der Sachverständige nicht bestellt.

Die Bezeichnung „Sachverständiger“ allein bietet keine Gewähr für Qualität, denn sie ist gesetzlich nicht geschützt. Deshalb ist die Qualifikation zu prüfen, wenn Sachverständige ohne einen Hinweis auf die öffentliche Bestellung und Vereidigung auftreten. Auch die Anerkennung durch private Sachverständigenvereinigungen kann die öffentliche Bestellung und Vereidigung nicht ersetzen. Nur die öffentliche Bestellung ist die vom Gesetzgeber vorgesehene Auszeichnung besonders qualifizierter Sachverständiger.

Tipp 1: Wenn Sie einen Sachverständigen auswählen, achten Sie darauf, ob er öffentlich bestellt und vereidigt ist.

2. Was zeichnet einen öffentlich bestellten Sachverständigen aus?

Besondere Sachkunde: Nur der öffentlich bestellte Sachverständige muss im offiziellen Bestellungsverfahren einen anspruchvollen Nachweis über seine „besondere Sachkunde“ führen.

Vertrauenswürdigkeit: Die Zuverlässigkeit und Integrität wird vor der öffentlichen Bestellung überprüft.

Objektivität: Er wird darauf vereidigt, seine Aufgaben gewissenhaft zu erfüllen und seine Gutachten unparteiisch zu erstatten.

Pflicht zur Gutachtenerstattung: Er darf Aufträge nur aus wichtigem Grund ablehnen (z.B. Verwandtschaft mit einer der Parteien).

Schweigepflicht: Er muss die ihm bei Ausübung seiner Tätigkeit anvertrauten Privat- und Geschäftsgeheimnisse wahren. Bei unbefugter Verletzung der Schweigepflicht kann er streng bestraft werden. In Gerichtsverfahren steht ihm kein besonderes Aussageverweigerungsrecht zu.

Überwachung: Der Sachverständige wird durch die Stelle, die ihn öffentlich bestellt hat, beaufsichtigt. Sie kann ihm die Bestellung entziehen, wenn er seine Sachverständigenpflichten verletzt.

Tipp 2: Vertrauen Sie auf die öffentliche Bestellung. Sie erleichtert Ihnen die Auswahl geeigneter Sachverständiger und bietet Gewähr für geprüfte Sachkunde und Vertrauenswürdigkeit. 

3. Wie erkennt man einen öffentlich bestellten Sachverständigen?

An der Bezeichnung: Er muss die Bezeichnung „öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger“ führen.

Am Stempel: Nur er darf einen Rundstempel führen.

Am Ausweis: Öffentlich bestellte Sachverständige haben einen offiziellen Ausweis, den sie auf Verlangen vorzeigen müssen und in dem Personalien, Bestellungsbehörde und Sachgebiet angegeben sind.

Tipp 3: Gehen Sie auf Nummer Sicher: Sehen Sie sich Bezeichnung, Stempel und Ausweis genau an. 

4. Wann kann ein öffentlich bestellter Sachverständiger helfen?

Immer, wenn eine unabhängige fachliche Information oder Beratung benötigt wird, ein Schaden beurteilt, eine Sache bewertet, ein fachlicher Streit außergerichtlich geklärt oder der tatsächliche Zustand eines Gegenstandes zu Beweiszwecken festgestellt werden soll.

Das Gutachten eines öffentlich bestellten Sachverständigen genießt erhöhte Glaubwürdigkeit. Deshalb bietet es oft die Grundlage für eine gütliche außergerichtliche Einigung. Als Schiedsgutachter im Auftrag der Parteien kann der Sachverständige Streitfragen außergerichtlich schnell und verbindlich entscheiden.

In Gerichtsverfahren sollen nach den Prozessordnungen nur öffentlich bestellte Sachverständige beauftragt werden.

Tipp 4: Prüfen Sie sorgfältig, ob und wann es zweckmäßig ist, einen öffentlich bestellten Sachverständigen hinzuzuziehen. 

5. Wie geht man mit einem öffentlich bestellten Sachverständigen um?

Ein öffentlich bestellter Sachverständiger darf keine Weisungen befolgen und Beeinflussungsversuchen nachgeben, die die Objektivität des Gutachtens beeinträchtigen würden. Auch Dritte, denen das Gutachten bestimmungsgemäß vorgelegt wird (z.B.: Banken, Versicherungen) müssen sich auf seine Objektivität und Richtigkeit verlassen können.

Der Sachverständige muss deshalb das Gutachten und dessen tragende Grundlagen (z.B. Untersuchungen, Besichtigungen, Prüfung von Unterlagen) persönlich erarbeiten.

Geschäftsbeziehungen, gute Bekanntschaft oder Verwandtschaft und dergleichen stellen die Unbefangenheit des Sachverständigen und die Verwertbarkeit des Gutachtens regelmäßig in Frage.

Tipp 5: Ein objektives Gutachten dient Ihnen letztlich am besten. Stellen Sie deshalb sicher, dass der Sachverständige seine Unabhängigkeit wahren kann. 

6. Wie muss der Auftraggeber den Sachverständigen unterstützen?

Ist ein Gutachten in Auftrag gegeben, besteht für den Auftraggeber eines Gutachtens nach Werkvertragsrecht meist eine vertragliche Mitwirkungspflicht.

Sie bedeutet, dass er

Kann oder will der Auftraggeber nicht im erforderlichen Umfang mitwirken, weil z.B. bestimmte Tatsachen nicht bekannt werden sollen, ist der Zweck des Auftrags insgesamt in Frage gestellt. Der Sachverständige kann sich in diesem Falle weigern, den Auftrag durchzuführen, weil er nur zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Gutachtens verpflichtet werden kann. Der Sachverständige unterliegt zwar einer Schweigepflicht, hat aber im Prozess kein besonderes Aussageverweigerungsrecht.

Tipp 6: Prüfen Sie vor Erteilung des Gutachtenauftrags, ob Sie der Mitwirkungspflicht nachkommen können oder wollen. 

7. Was kostet ein Gutachter?

Für die Sachverständigentätigkeit gibt es bis auf wenige Fachbereiche (z.B. die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) und die Tätigkeit vor Gericht keine Gebührenordnung. Wird kein Honorar vereinbart, gilt die sogenannte „übliche Vergütung“, deren Feststellung im Einzelfall erhebliche Schwierigkeiten bereiten kann. Die meisten Sachverständigen stellen für ihre Tätigkeit zwischen EUR 70,-- und EUR 120,-- pro Stunde in Rechnung. Der Stundensatz hängt vom Sachgebiet, der Schwierigkeit des Gutachtens, den besonderen Umständen des Falles und der Beschäftigungslage des Sachverständigen ab. Nebenkosten und Mehrwertsteuer werden in der Regel gesondert berechnet.

Wird der Sachverständige im Auftrag eines Gerichts tätig, beträgt der Stundensatz EUR 25,-- bis EUR 52,--. Er kann unter bestimmten Voraussetzungen um bis zu 50 % erhöht werden. Die Kosten des Sachverständigen sind Teil der Prozesskosten und von der unterliegenden Partei je nach Prozessausgang ganz oder anteilig zu tragen.

Tipp 7: Vereinbaren Sie vor der Erteilung eines privaten Auftrags das Honorar. 

8. Wie haftet der öffentlich bestellte Sachverständige?

Auch ein öffentlich bestellter Sachverständiger ist nicht unfehlbar. Aber er muss für Fehler in seinem Gutachten einstehen, bei privatem Auftrag ein fehlerhaftes Gutachten nachbessern oder einer Honorarkürzung zustimmen. Hat er einen Mangel am Gutachten schuldhaft verursacht, haftet er auch für alle Folgeschäden, die aus der Verwendung des Gutachtens entstehen. Schuldhaft bedeutet, dass der Sachverständige nicht mit der notwendigen Sorgfalt gearbeitet hat. Die Haftung ist auch vom Inhalt des Gutachtenauftrags abhängig. Daher sollte der Auftrag schriftlich formuliert und genau abgegrenzt werden.

Durch Vereinbarung mit dem Auftraggeber kann der Sachverständige seine Haftung individuell regeln; die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit darf jedoch nicht ausgeschlossen werden.

Die Kammern empfehlen den Sachverständigen nachdrücklich den Abschluss einer Haftpflichtversicherung für Schäden aus der Sachverständigentätigkeit.

Wird der Sachverständige im Gerichtsauftrag tätig, gelten andere Haftungsregeln, die gesetzlich festgelegt sind und nicht abbedungen werden können.

Tipp 8: Klären Sie den Umfang der Haftung mit dem Sachverständigen, bevor Sie den Auftrag erteilen. 

9. Was geschieht bei Beschwerden?

Besteht Grund zur Beschwerde über die Tätigkeit des Sachverständigen, sollte in jedem Fall die Stelle informiert werden, die den Sachverständigen öffentlich bestellt hat. Dort wird die Angelegenheit sorgfältig überprüft um sicherzustellen, dass nur geeignete Sachverständige öffentlich bestellt bleiben. Die Überprüfung erfolgt deshalb ausschließlich im Interesse der Öffentlichkeit. Bei schwerwiegenden oder wiederholten Pflichtverstößen muss der Sachverständige mit dem Widerruf seiner öffentlichen Bestellung rechnen. Ist dem Beschwerdeführer ein Schaden entstanden, kann er privatrechtlich gegen den Sachverständigen vorgehen (siehe Tip 8). Die aufsichtführende Stelle kann nicht in seinem Interesse tätig werden und etwaige Nachbesserungswünsche oder Schadenersatzansprüche beim Sachverständigen durchsetzen.

Bei Beschwerden über die gerichtliche Tätigkeit eines Sachverständigen muss die Aufsichtsbehörde abwarten, bis das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

Tipp 9: Setzen Sie sich mit der Aufsichtsbehörde in Verbindung, wenn Sie meinen, dass ein Sachverständiger gegen seine Pflichten verstoßen hat. 

10. Wo bekommen Sie Rat und Hilfe?

Auskunft über öffentlich bestellte Sachverständige und Fragen zum Sachverständigenwesen erteilen die bestellenden Stellen. Das sind im wesentlichen Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern, in einigen Bundesländern auch Architekten-, Ingenieur- oder Landwirtschaftskammern oder staatliche Stellen für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich.

Die Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern geben regionale und überregionale Verzeichnisse über öffentlich bestellte Sachverständige heraus. Sie benennen auf Anfrage kostenlos geeignete Sachverständige.

Tipp 10: Wenden Sie sich an die zuständige Kammer oder Behörde, wenn Sie einen öffentlich bestellten Sachverständigen brauchen oder Probleme mit Sachverständigen haben.