Die notwendige Grundausbildung kann grundsätzlich nur durch den erfolgreichen Abschluss eines Studiums sichergestellt werden; Ausnahme siehe unter 3.
Diese Tätigkeit kann entweder in einer einschlägigen technischen Tätigkeit als Kfz-Volontäringenieur in einem Kfz-Herstell- oder Reparaturbetrieb oder in einer praktischen Tätigkeit in verantwortlicher Position in einem Betrieb der vorgenannten Art bestehen. Der Zeitpunkt der praktischen Tätigkeit ist zwar grundsätzlich unerheblich, aber er wird im Regelfall nach dem Abschluss des Ingenieurstudiums liegen. Zur Vorbereitung auf das Studium geforderte oder studienbegleitende Praktika sind nicht anrechnungsfähig. Entscheidend ist, dass eine ununterbrochene einschlägige sachgebietsbezogene praktische Tätigkeit ausgeübt worden ist, da Bewerber, die nur theoretische Kenntnisse erworben haben, von der öffentlichen Bestellung ausgeschlossen sein sollten. Eine abgeschlossene Lehre als Kfz-Mechaniker, Karosseriebauer oder einem vergleichbaren Handwerk wird mit einem Jahr angerechnet.
Neben der vorgenannten Voraussetzung muss in jedem Fall zusätzlich eine gutachterliche bzw. Sachverständigentätigkeit auf dem Sachgebiet "Kraftfahrzeug-schäden und -bewertung" vorliegen. Diese Tätigkeit kann sowohl in einem Sachverständigenbüro als auch bei einer anderen Organisation in abhängiger oder verantwortungsvoller Position oder selbständig ausgeübt worden sein. Der erfolgreiche Abschluss eines Studienschwerpunktes "Kfz-Sachverständiger" z.B. an der Fachhochschule München wird mit einem Jahr angerechnet.
Die unter 2.1 niedergelegte praktische Tätigkeit ist der Normalfall. Um bewährten, anerkannten Kfz-Sachverständigen die öffentliche Bestellung nicht auf Dauer zu verschließen, kann die unter 2.1 geforderte praktische Tätigkeit durch eine zehnjährige Sachverständigentätigkeit ersetzt werden. In diesem Fall hat der Bewerber den Nachweis zu führen, dass er durch seine langjährige Sachverständigentätigkeit die notwendigen praktischen Kenntnisse erworben hat.
Hier ist nur an Einzelfälle gedacht, in denen ein Kfz-Meister auf dem Spezialgebiet Karosseriebau, das bei der Beurteilung von Unfallschäden die dominierende Rolle spielt, besondere Kenntnisse aufweisen kann. Neben diesen Fachkenntnissen muss er sich auch bereits als Leiter oder in ähnlicher leitender Stellung eines größeren Kfz-Reparaturbetriebes bewährt haben.
Bei der Auswahl dieser Art von Bewerbern ist ein strenger Maßstab anzuwenden.
Der Bewerber muss die elementaren Zusammenhänge in Festigkeitslehre, Statik und Dynamik kennen.
Daneben sind Kenntnisse in den Verfahren, die im Kfz-Bau angewandt werden, notwendig, wie Schweißverbindungen usw..
Der Sachverständige muss die heute bekannten Antriebsarten, wie Otto- und Diesel-Motor und neuerdings Gasturbinen- und Elektromotor hinsichtlich ihres Aufbaus und ihrer Wirkungsweise beherrschen.
Die Kenntnis der einzelnen Fahrwiderstände des Fahrzeugs, die Fahrstabilität bei Anfahr-, Brems- und Kurvenfahrvorgängen ist notwendige Voraussetzung.
Der Aufbau der Fahr- und Triebwerkaggregate, wie Vorderachse, Getriebe, Hinterachse, Motor und deren Wirkungsweise müssen bekannt sein.
Der Bewerber muss die gebräuchlichen Reifenkonstruktionen, wie konventionelle Reifen und Gürtelreifen, sowie die Auswirkung der Reifenkonstruktion und der Profilbeschaffenheit auf die Haftung des Fahrzeugs genau kennen.
Die elementaren Begriffe für diejenigen Materialien, die im Kfz-Bau Verwendung finden, müssen bekannt sein. Die besonderen Erscheinungsformen von Brüchen an Fahrzeugteilen, wie Gewaltbruch, Dauerbruch, Torsionsbruch usw. müssen geläufig sein.
Teilaggregate und das Fahrzeug selbst müssen in kleinen Skizzen erfasst werden können.
Die in den Versicherungsbedingungen und in der Rechtsprechung geprägten Begriffe, wie z.B. Abzüge neu für alt, Zeitwert, Wiederbeschaffungswert, Sachverständigenverfahren usw. müssen bekannt sein.
Die Kenntnis der konstruktiven Gestaltung der unter 4.1 - 4.1.5 genannten Fahrzeuge ist eine Grundforderung, da man sonst weder Reparaturweg noch -umfang festlegen kann. Der Bewerber muss wissen, wie und an welcher Stelle einzelne Blechteile oder Baugruppen an Fahrzeugen zu trennen bzw. zu ersetzen sind.
Die Trennung in die einzelnen Schadensarten setzt voraus, dass der Sachverständige weiß, was ein Betriebs-, ein Bruch- und ein Verschleißschaden tatsächlich ist. Hierbei ist insbesondere auf die Bedingungen der allgemeinen Kraftfahrt-Versicherung, die einschlägigen Kommentare und die Rechtsprechung zu achten.
Bei diesen Schadensfällen ist nicht selten auch eine Kräfteüberlegung notwendig, um gegenüberzustellen, wie groß die Antriebskräfte beim Anfahren sind und welche Größenordnung der Kräfte andererseits - z.B. bei einem Auffahrstoß - in das Fahrzeug eingeleitet werden können.
Bei Großaggregaten, wie Fahrerhäusern, Sonderaufbauten, wie Thermos-Koffer, Möbel usw. und schließlich Fahrzeughaupt- und Hilfsrahmen einschließlich Kipperhilfsrahmen muss der Aufbau ganz genau bekannt sein, um entscheiden zu können, welche Richtarbeiten möglich sind bzw. inwieweit Neuteile benötigt werden.
Nach der Erstkalkulation unfallbeschädigter Fahrzeuge sind bei Großschäden häufig Zusatzentscheidungen durch den Sachverständigen zu treffen. Es zeigen sich nach der Montage z.B. manchmal weitere Schäden, die im unterlegten Zustand nicht festgestellt werden konnten. Es ist dann zu klären, ob ein Zusammenhang zwischen diesen Schäden und dem Unfallereignis besteht.
Der Sachverständige muss den wesentlichen Inhalt der Straßenverkehrsordnung und die Vorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, insbesondere Teil III "Bau- und Betriebsvorschriften" und Teil IV "Kleinkrafträder und Fahrräder mit Hilfsmotor" beherrschen, um Fehlurteile auszuschließen. Diese Bestimmungen sind gerade im Zusammenhang mit Fragen der Beleuchtungs- und Bremsanlagen von besonderer Bedeutung.
Die Kenntnis der Grundbegriffe in den beschriebenen Sachgebieten ist Voraussetzung für die richtige Beurteilung von Haftpflicht- und Kaskoschäden. Nur wer die Rechtsprechung zu den einzelnen Fragen kennt, ist in der Lage seine technische Entscheidung so zu treffen, dass sie sich auch mit der herrschenden Rechtsprechung in Einklang bringen lässt.